Was ist die Kernkompetenz von «JobTalente»?
Lisa Kurth: Unsere Hauptkunden sind Unternehmen, die nach qualifiziertem Personal für spannende und herausfordernde Tätigkeiten suchen. Wir sind behilflich, indem wir gut ausgebildete und motivierte Talente finden, auch für die Verpackungsbranche. Wir vermitteln ausschliesslich Festanstellungen, die meisten im mittleren bis höheren Kader. Daneben sind wir auch im unteren Kader und bei der Besetzung von Stellen für Fachkräfte und Spezialisten aktiv. Bei uns melden sich zwar auch Stellenlose, doch am attraktivsten für Arbeitgeber und am interessantesten für uns sind die Personen, die gar nicht aktiv auf Stellensuche sind. Diese sprechen wir direkt an.
Rolf Eicher: Wir bringen Leute in Unternehmen, die es selbst nicht schaffen, und für Unternehmen finden wir die Leute, die sie selbst nicht finden. Es ist häufig, dass wir bei Kandidaten Potenzial sehen, das vom Kunden nicht erkannt wird. Unser Job ist es, durch die richtige Präsentation die Kompetenzen und Talente der Kandidaten zum Vorschein zu bringen. – Daher auch unser Name.
Was für Menschen sind das?
RE: Man kann es sich wie eine Pyramide vorstellen. Bei ca. 50 Prozent der Arbeitnehmer ist der Job das notwendige Übel, die nächsten 30 Prozent sind einfach dabei und machen etwas. Die oberen 20 Prozent sind die unternehmerisch Denkenden, und auf die konzentrieren wir uns. Leute, die nichts bewegen und sich nicht weiterbilden wollen, haben es bei uns schwierig. Wir suchen motivierte Arbeitnehmer.
Das klingt anspruchsvoll. Wie erreichen Sie diese Kandidaten?
LK: Die wichtigste Ressource ist unser grosses Netzwerk, dazu kommt die 25-jährige Erfahrung von Rolf Eicher. Wir haben ein Franchisesystem mit anderen Recruitern aufgebaut und arbeiten vertraglich geregelt mit externen Beratern zusammen, die aus der Wirtschaft stammen und Spezialisten für ihre jeweilige Branche sind. Ausserdem sind wir in zahlreichen Verbänden aktiv und üben Dozententätigkeiten aus, treffen also viele Menschen. Dann spielen auch Weiterempfehlungen und soziale Netzwerke wie LinkedIn eine wichtige Rolle beim Erreichen der Kandidaten.
RE: Wichtig beim Ansprechen ist Diskretion, Vertrauen und Fingerspitzengefühl. Ebenso spielt Bauchgefühl, Menschenkenntnis und Erfahrung eine Rolle. Man wird routiniert, wenn man immer unter Leuten ist. In Branchen-Fachgremien gibt es immer News und in der Erwachsenenbildung ist man direkt am Puls und kann ganz nebenbei Kandidaten gewinnen.
Wie viele Vermittlungen und Prozesse laufen jeweils aktiv und parallel?
LK: Aktuell begleiten wir insgesamt etwa 70 Prozesse. Unsere Datenbank mit Kontakten ist selbstverständlich viel grösser. In der intensiven und aktiven Phase befinden sich davon 15 bis 20 Prozent. Laufend haben wir mindestens 30 bis 40 Jobs offen, die wir im Auftrag der Arbeitgeber vermitteln.
RE: Das läuft auf Basis einer Kundenvereinbarung. Jeder Job ist zwischen dem Kunden und uns in Zusammenhang mit den AGBs abgeklärt. Wir vermitteln nicht einfach, sondern haben nach AGB «stille Verträge» mit den Kunden. Ein weiterer Teil sind Mandate, bei denen ein Outsourcing zu uns kommt. Somit läuft der Recruiting- oder Bewerbungsprozess nicht mehr im Unternehmen ab, sondern wir übernehmen das.
Welche Unternehmen sind es, die auf «JobTalente» zukommen? Nur die ganz grossen oder auch KMU?
LK: Die Grosskonzerne haben häufig selbst Recruiter und arbeiten nicht mit externen Personaldienstleistern zusammen. Die meisten unserer Kunden sind KMU.
Sie sind den Unternehmen zwar behilflich, doch das allein reicht kaum gegen den Fachkräftemangel. Woher kommt er und was müsste sich ändern?
RE: Immer weniger Betriebe bilden eigene Lehrlinge aus. Sie verlassen sich voll auf externe Aus- und Weiterbildung, klagen aber über Fachkräftemangel. Genau diese Unternehmen sind häufig auch nicht im Verband. Sie müssen sich nicht beklagen, denn der SVI setzt sich sehr für Förderung und Erwachsenenbildung ein. Es wäre dringend notwendig, dass wieder mehr Betriebe eigene Lehrlinge ausbilden und davon die interessierten weiter fördern, indem Weiterbildungen ermöglicht werden. Zusätzlich kommt es auf die Unternehmenskultur an. Die muss stimmen, um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein.
Was macht einen attraktiven Arbeitgeber aus?
LK: Faire Lohnstruktur, Wertschätzung der Mitarbeiter und Benefits, wie kostenlose Parkplätze oder frisches Obst am Arbeitsplatz. Der Ruf des Unternehmens unter jüngeren Leuten kann sich sehr verbessern, wenn es auf sozialen Medien, wie Instagram etc., aktiv ist und Verbindung zu ihnen aufbaut. Gerade den jüngeren Mitarbeitern sind interessante Aufgaben und sinnstiftende Tätigkeiten wichtig. Sie wollen wissen, wofür sie arbeiten, und sich damit identifizieren können.
RE: Gelebte Personalentwicklung. Es ist gut, die Arbeitnehmer zu fragen, was sie wollen, und zu überlegen, wie die Unternehmenskultur und die Bedürfnisse in einen Mix gebracht werden können. Was den Jungen absolut ablöscht, sind streng hierarchisch-autoritäre Strukturen, eingefahrene Prozesse und lange Feedbackkulturen. Die schwerfälligen Firmen müssen sich nicht wundern, wenn die Leute nicht mehr dort hinkommen. Wir merken das in unserer Arbeit extrem, genauso wie den Einfluss des Controllings. Sprich das «Führen mit Zahlen», das wir oft in Grosskonzernen antreffen. Es wird nicht mehr auf den Kunden oder den Mitarbeiter eingegangen. Sie sehen nur die Personalkosten von 48 Prozent und dann kommt das Management und entscheidet, dass sie auf 46 Prozent gedrückt werden müssen, damit die Betriebsergebnisse besser werden. Das kann man heute nicht mehr bringen. Man muss Leute motivieren und fördern, damit eine gute Kultur herrscht und das Team stimmt. Wenn man das im Griff hat, den Mitarbeiter pflegt und wertschätzt, dann ist dieser auch bereit, mehr zu leisten, als nur die Zeit abzusitzen. Das muss allerdings von oben kommen. Dynamische Arbeitgeber, die das checken, eine gute Kultur und eine Plattform zum Mitentscheiden bieten, ihre Leute fördern und in die Weiterbildung schicken, die haben ihre guten Leute und können sie halten.
Ihr Service ist für Kandidaten kostenlos. Lohnt sich das überhaupt?
LK: Ja, auf irgendeine Weise lohnt es sich immer. Im besten Fall können wir die Person vermitteln und haben dann unser Honorar. Sonst können wir unser Netzwerk erweitern oder werden weiterempfohlen. Das beeinflusst unseren Ruf positiv.
RE: Etwa 30 Prozent laufen bei uns über Empfehlungen. Wir haben mittlerweile eine Community in der Medienwelt, im Packaging und in der Kommunikation. Man kennt uns, und das ist ein grosser Vorteil. Wir setzen uns mit Herzblut für die Leute ein, sagen aber auch ehrlich, wenn es mal nicht passt. Unser Anspruch ist etwas höher, wir wollen Premiumleute vermitteln, denn den klassischen Nineto-Fiver findet der Arbeitgeber selber.
Also lehnen Sie auch mal Kandidaten ab?
RE: Klar! Beispielsweise wenn der Werdegang schon nicht stimmt. Je mehr Kandidaten man hat, desto weniger liegt der Fokus auf der Betreuung. Wir haben lieber wenige, gut betreute als die Masse. Allerdings ecken wir damit auch manchmal an.
LK: Wir können definitiv nicht alle Bewerber in unsere Kartei aufnehmen. Alle Seiten profitieren am meisten davon, wenn klar kommuniziert ist, was wir suchen und was nicht.
Kommen auch Berufseinsteiger als Kandidaten infrage?
RE: Durchaus. Fast schon regelmässig kommen Studierende der Stuttgarter Medienhochschule auf uns zu, Verpackungsingenieure, die in der Schweiz Fuss fassen wollen. Die bringen wir durch die Bank unter, das sind sehr einsatzbereite, gute Mitarbeiter, die etwas leisten wollen. Wir müssen dort gar nicht aktiv rekrutieren gehen, das läuft alles über Weiterempfehlungen.
«Packaging – Materials – Machines» ist eine Ihrer neun Kategorien im Stellenportal. Wie kam es dazu, dass diese explizit erwähnt und prominent platziert ist?
RE: Ich komme von der medientechnisch-grafischen Industrie und habe mich vom Verpackungsdruck immer weiter in die Wertschöpfungskette und verarbeitenden Prozesse verlagert. Weil wir das herausholen wollten, haben wir es gewissermassen als «Juwel» neben den anderen Branchen speziell erwähnt. Die Verpackungsbranche hat immerhin ca. 19 000 Mitarbeitende, so klein ist sie also nicht. Und wenn man es von der Abnehmerseite anguckt: Sobald konsumiert wird, braucht es angesichts des Bevölkerungswachstums Verpackung und Güterschutz. Wir sind einfach Fan!