1. Schweizer KMU sind weniger zuversichtlich
In den vergangenen Jahren trotzte der Schweizer Mittelstand den verschiedenen Krisen und blieb stets optimistisch. Nun scheint sich die Stimmung jedoch zu drehen: anhaltende Inflation, steigende Zinsen, weiter zunehmender Wettbewerbs- und Digitalisierungsdruck sowie der Fachkräftemangel fordern ihren Tribut. So beurteilten 2023 nur noch 63 Prozent der befragten KMU ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als gut bis sehr gut. Im Vorjahr waren es 73 Prozent. Zudem schätzen auch immer weniger KMU die künftige eigene Wirtschaftslage als gut bis sehr gut ein (2021: 76 Prozent, 2023: 62 Prozent).
2. Steigende Preise werden als grösstes Konjunkturrisiko eingeschätzt
62 Prozent der Schweizer KMU nannten hohe Energie- und Rohstoffpreise als grösstes Konjunkturrisiko in den nächsten 12 Monaten. Das sind zwar merklich weniger als im letzten Jahr, das Thema bleibt dennoch weiterhin an erster Stelle. Als zweitgrösstes Konjunkturrisiko wird mit 51 Prozent der Fachkräfte- und Personalmangel eingestuft. Quer durch alle Branchen tun sich Unternehmen schwer, Fachkräfte zu akquirieren und zu halten. Mit zunehmendem globalen Wettbewerb nach Talenten im Bereich Technologie und Digitalisierung und der historisch niedrigen Arbeitslosigkeit hat sich das Angebot deutlich verknappt. Die hohe Nachfrage trifft zudem auf geburtenschwache Jahrgänge – und die Babyboomer gehen in Rente.
3. Volatilität bereitet KMU Sorgen
Ergänzt werden die Konjunkturrisiken durch weitere Faktoren, welche die wirtschaftliche Entwicklung der Unternehmen beeinflussen. Hier ist erneut die Preisentwicklung der Faktor, dem der Schweizer Mittelstand mit 87 Prozent die höchste Bedeutung beimisst, die eigene wirtschaftliche Lage negativ zu beeinflussen. Das erstaunt wenig: Die letzten zwei Jahre haben verdeutlicht, dass Preise innert kürzester Zeit sehr volatil sein können. Zudem herrscht vor allem im Euroraum, aber auch in Nordamerika, trotz drastischer Interventionen der Nationalbanken weiterhin im längerfristigen Durchschnitt eine hohe Inflation. Das zweitwichtigste Thema, die Cyber- und Datensicherheit, hat mit 84 Prozent ebenfalls weiter an Bedeutung gewonnen. Auch geopolitische Entwicklungen wie der anhaltende Ukraine-Krieg oder die angespannte Situation im südpazifischen Raum werden als zentrale Gefahren erachtet.
4. Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen variiert
Die insgesamt hohe Resilienz in der Vergangenheit wurde in der diesjährigen Studie zum Anlass genommen, dem Thema Widerstandsfähigkeit der Schweizer KMU vertieft nachzugehen: Wie widerstandsfähig sind sie und mit welchen Massnahmen reagieren sie auf Krisen? Für eine Mehrheit der KMU scheint eine bessere Krisen-Vorbereitung und die generelle Stärkung der betrieblichen Widerstandsfähigkeit ein wichtiges Thema: 49 Prozent der Befragten erachten Widerstandsfähigkeit bereits als integrierten Bestandteil ihrer Strategie. Weitere 27 Prozent melden, dass sie mindestens aktiv daran arbeiten. Entsprechend bezeichnen sich 62 Prozent der KMU als widerstandsfähig bis sehr widerstandsfähig in Bezug auf die aktuelle von Krisen geprägte Wirtschaftslage. Der Grad der Resilienz ist jedoch sehr unterschiedlich: Auf die fortschreitende Digitalisierung und damit verbundene Cyberrisiken fühlen sich viele KMU bereits heute gut bis sehr gut vorbereitet (36 bzw. 35 Prozent). Auf der Kehrseite jedoch melden 15 bis 19 Prozent, unzureichend bis schlecht gegen diese Risiken gewappnet zu sein. Ebenso sind nur rund 20 bis 23 Prozent der Schweizer KMU gut bis sehr gut auf weiter steigende Rohstoff- und Energiepreise sowie deren Verfügbarkeit vorbereitet. Auf den Fachkräftemangel sind es gerademal 19 Prozent.
Als wichtige Massnahmen, um ihre Widerstandsfähigkeit zu stärken, nennen die Unternehmen die Anpassung von Prozessen (38 Prozent), Investitionen in Innovation (36 Prozent) und die Anpassung von Kunden- und Preisstrategien (31 Prozent). Ein zentraler Faktor bei der Stärkung der betrieblichen Widerstandsfähigkeit ist auch der Standort Schweiz: 86 Prozent der KMU schätzen diesen im Hinblick auf die eigene Widerstandsfähigkeit als hoch bis sehr hoch ein. Dabei schätzen die KMU insbesondere das stabile wirtschaftliche Umfeld (52 Prozent), stabile politische Verhältnisse (36 Prozent) und die stabile Währung (30 Prozent).
An Bedeutung verloren hat hingegen das Vorantreiben der Energiewende: Rangierte dieses Anliegen 2022 noch auf Platz 2, ist es nun auf Platz 5 abgerutscht. Neu auf Platz 2 ist hingegen die Forderung nach Abbau von Bürokratie, gefolgt vom Wunsch nach Sicherung des Fachkräftebedarfs sowie der Sicherstellung attraktiver Rahmenbedingungen und weiterer Standortförderung. Dies kann als Auftrag verstanden werden, die vielen Stärken des Schweizer Standortes zu wahren und nicht beispielsweise durch Bürokratie oder unzulänglich definierte und unklare Aussenbeziehungen in Gefahr zu bringen. Die Politik ist also hier weiterhin gefordert.