Ivo Kassel, Managing Director (links), und Silvia Oertle, Head of Sales and Marketing (rechts), bei Graphic Packaging International. ©GPI

Healthcare-Verpackung ganzheitlich betrachtet

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Im Interview sprach «Verpackungs-Industrie» mit Ivo Kassel, Managing Director von Graphic Packaging International (GPI) Swiss, und Silvia Oertle, Head of Marketing and Sales bei GPI Swiss. Am Unternehmensstandort in St. Gallen liegt die Expertise vor allem bei im Offsetdruck gefertigten Sekundärverpackungen aus Karton für die Pharma-, Medtech- und Kosmetikindustrie. Dort sind rund 75 Mitarbeitende im Einsatz an Offset-Drucklinien, in der Veredelung mit Kalt- und Heissfolien und beraten die Kunden kompetent, finden Lösungen oder zeigen Alternativen im Verpackungsbereich auf. Die Patientensicherheit steht bei Graphic Packaging über allem.

GPI Graphic Packaging International –Wer sind Sie und was machen Sie?

Ivo Kassel (IK): Als Teil einer internationalen Gruppe beliefert GPI Swiss am Standort St. Gallen hauptsächlich Schweizer Kunden, jedoch auch einige im Ausland. Mit Pharma- und Medizinaltechnikverpackungen sowie Verpackungen für die Kosmetikindustrie sind wir breit aufgestellt und bieten zudem auch spezialisierte Lösungen für den Non-Food-Bereich an.
Aufgrund unserer Zugehörigkeit zu GPI profitieren wir auch vom werksübergreifenden Knowhow. So sind wir auch in der Lage, Packungsbeilagen und flexible Verpackungen anzubieten. Dank der weltweiten Präsenz von Graphic Packaging können unsere multinationalen Kunden an sämtlichen Standorten von unserem Angebot profitieren.

Wo hat die Reise begonnen und wo stehen Sie heute?

Silvia Oertle (SO): Angefangen als mittelständisches Familienunternehmen (ehemals K+D AG) haben wir im Laufe der Jahre unseren Fokus verstärkt auf die Produktion von Verpackungen für die Pharma- und Kosmetik-Branche gelegt. Dabei haben wir kontinuierlich in hochmoderne Maschinen investiert und ein effizientes Lean- Produktionssystem aufgebaut, um kosteneffektiv zu arbeiten und wettbewerbsfähig zu bleiben. Unsere Just-in-time-Produktion ermöglicht es uns, flexibel und schnell auf die individuellen Bedürfnisse unserer Kunden einzugehen und die Produkte mit sehr kurzen Lieferfristen, ohne Zwischenlagerung, direkt auszuliefern.

Welche Art Verpackungen stellen Sie für diese Märkte her?

SO: Unser Fachgebiet sind Faltschachteln als Sekundärverpackungen für verschreibungsfreie und verschreibungspflichtige Medikamente. Wir sind spezialisiert auf hochwertige Veredelungen wie Kalt- und Heissfolienprägungen sowie spezielle Verklebungen, auch Fenstereinklebemöglichkeiten, die den höchsten Standards in der Branche entsprechen.

Was macht Ihr Portfolio aus?

IK: Wir betrachten uns nicht nur als Verpackungsdrucker, sondern als strategischen Partner und Berater für die Pharma- und Kosmetikindustrie. Durch enge Zusammenarbeit mit unseren Kunden entwickeln wir massgeschneiderte Verpackungslösungen, die den individuellen Anforderungen gerecht werden. Von der Konzeption bis zur Produktion liegt alles in unserer Hand, einschliesslich Offsetdruck, Veredelungen und Konfektionieren, um eine schnelle und flexible Lieferung sicherzustellen.

Warum setzen Sie auf Just-in-time-Produktion?

SO: Unsere Just-in-time-Produktion ermöglicht es uns, flexibel auf die Anforderungen unserer Kunden zu reagieren und gleichzeitig Lagerkosten zu minimieren. Durch effiziente Planung und Produktion liefern wir hochwertige Verpackungen genau dann, wenn sie benötigt werden, und können dabei auch kurzfristige Anfragen innerhalb kürzester Zeit erfüllen.

Wie gestaltet sich der Prozess von der Entwicklung bis zur Produktion?

SO: Wir arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, um ihre individuellen Anforderungen zu verstehen und spezifische Lösungen zu entwickeln. Von der ersten Idee bis zur serienreifen Verpackung dauert es in der Regel sechs bis acht Wochen, wobei wir flexibel auf Sonderwünsche und spezielle Anforderungen eingehen können. Ebenfalls spielt das internetbasierte Graphic Packaging Pharma Datacenter im Datenmanagement mit den Kunden eine tragende Rolle. Daraus resultieren wichtige Vorteile wie Rückverfolgbarkeit und Sicherheit der Daten sowie deren Verfügbarkeit rund um die Uhr.
IK: Durch interaktive Entwicklungszyklen inklusive CAD-Modellen und Testläufen auf den Verpackungsmaschinen der Kunden, stellen wir sicher, dass das Endprodukt den höchsten Qualitätsstandards entspricht. Wir verfolgen einen ganzheitlichen Ansatz für die bestmögliche Lösung in sämtlichen Belangen.

Auf welche Innovationen und Entwicklungen sind Sie besonders stolz?

IK: Eine Entwicklung ist das «Integrated Leaflet»: Packungsbeilagen oder auch Karten können durch uns bereits in eine Schachtel eingeklebt werden, um damit den Packprozess beim Kunden zu vereinfachen. SO: Ausserdem erwähnenswert sind  z. B. unsere RFID-basierten Smart-Verpackungen für den Notfallkoffer Flawa iQ und die LOCKCON-Verpackung, die speziell für Blut- und Urinproben im Sport für höchste Sicherheitsanforderungen konzipiert und entwickelt wurde.
Mit solchen Verpackungslösungen haben wir bereits renommierte Auszeichnungen wie den Swiss Packaging Award und den Worldstar Award gewonnen. Wir sind stolz auf unsere innovativen Entwicklungen, wie beispielsweise die lasersensitive Codierung als effiziente Trackand- Trace-Lösung für pharmazeutische Verpackungen.

Können Sie die lasersensitive Codierung genauer erklären?

SO: Laserempfindliche Pigmente werden als Teil des Lacks oder der Farbe auf das Substrat aufgebracht und durch einen spezialisierten CO₂- Laser in der Verpackungslinie aktiviert. Auf diese Weise werden alphanumerische und/oder graphische Daten, wie QR-, Krypto-, 2D-Matrix-, Pharma-Codes, Fälligkeitsdatum, Chargennummer etc., auf pharmazeutischen Verpackungen aufgebracht. Es handelt sich dabei um ein validiertes Verfahren für den pharmazeutischen Sektor. Dadurch wird eine hohe Linieneffizienz, gute Lesbarkeit und höchste Flexibilität gewährleistet.

Würden Sie sagen, dass Sie auch in puncto Nachhaltigkeit eine Vorreiterrolle einnehmen?

IK: Nachhaltigkeit ist ein zentraler Bestandteil unserer Unternehmensphilosophie, und wir setzen uns kontinuierlich für umweltfreundliche Verpackungslösungen ein. Mit Zertifizierungen wie ISO 9001, ISO 14001 und ISO 15378 GMP für Arzneiverpackungen sowie einer modernen Infrastruktur, die kurze Lieferwege ermöglicht, leisten wir einen Beitrag zur Reduzierung unseres ökologischen Fussabdrucks und damit zum Schutz der Umwelt. Einen relevanten Anteil unseres Energiebedarfs decken wir mit Solarenergie ab, die durch die Photovoltaikanlage auf unseren Dächern erzeugt wird.
SO: Im Kosmetikbereich achten wir jedoch darauf, dass Nachhaltigkeit und Ästhetik im Einklang stehen, und vermeiden den Einsatz von umweltschädlichen Materialien wie etwa UV-Farben.

Was zeichnet Ihre Verpackungen im Pharma-Sektor aus?

SO: Unsere Verpackungen für die Pharma- und Medizinaltechnikbranche unterliegen strengen Qualitäts- und Sicherheitsstandards und erfordern eine spezielle Zulassung. Diese Prozedur ist sehr aufwendig. Das macht es zwar schwierig, neue Geschäfte zu generieren und Fuss zu fassen, doch der Vorteil dabei sind sehr stabile Kundenbeziehungen, die auf Vertrauen und Wertschätzung basieren.

Wie sieht es im Pharma-Sektor mit der Marketingfunktion der Verpackung aus? Spielt das eine Rolle?

SO: Bei OTC, also freiverkäuflichen Medikamenten oder Drogerieprodukten, spielt das auf jeden Fall eine Rolle. Diese Sparte hat viele Möglichkeiten, im Marketing schöne Veredelungen mit Kalt- oder Heissfolie oder Farben zum Einsatz zu bringen.
IK: Im Rx-Bereich, also bei verschreibungspflichtigen Medikamenten, sind die Verpackungen einfach, jedenfalls bezüglich des Veredelungsgrads. Hier gibt es aber häufig eine höhere Komplexität durch Blindenschrift und Erstöffnungsgarantie.

Wie wichtig ist das Marketing für Verpackungen im Pharma-Sektor?

SO: Während Verpackungen im OTC-Bereich oft als Marketinginstrumente eingesetzt werden, stehen bei verschreibungspflichtigen Medikamenten Funktionalität und Fälschungsschutz im Vordergrund. Wir setzen daher auf innovative Konstruktionen und Sicherheitsmerkmale, um den Schutz und die Integrität der Produkte zu gewährleisten. Dennoch bieten wir auch hier hochwertige Veredelungen und individuelle Lösungen an, um den Anforderungen unserer Kunden gerecht zu werden.

Haben Sie beim Produktschutz auch digitale Anwendungen, die Sie empfehlen?

IK: Wir bieten eine Vielzahl von Sicherheitsmerkmalen und Veredelungen an, um den Produktschutz zu gewährleisten, und arbeiten eng mit unseren Kunden zusammen, um Lösungen zu entwickeln. Neben digitalen Anwendungen, die zunehmend an Bedeutung gewinnen, konzentrieren wir uns auch auf konventionelle Sicherheitstechnologien, vor allem in der Konstruktion.

Sie bieten eine jährliche Weiterbildung an. Können Sie dazu etwas erzählen?

SO: Unsere jährliche Healthcare Academy bietet eine Plattform für den fachlichen Austausch und die Weiterbildung im Bereich Verpackungstechnologie. Wir informieren die Teilnehmenden über aktuelle Trends und Entwicklungen und geben ihnen die Möglichkeit, sich mit Experten und anderen Teilnehmern auszutauschen und ihr Fachwissen zu erweitern.

Weitere Informationen unter www.graphicpkg.com