Im Gespräch gibt er Einblicke in seine vergangenen Projekte und erklärt, warum Produktschutz heute unverzichtbar ist.
Herr Lüthi, können Sie uns einen Überblick über Ihre Arbeit im Bereich OVD und Hologramme geben?
Mein Interesse liegt auf der Anwendung von optisch variablen Elementen, die als Sicherheits- und Designelemente in Verpackungen, auf Dokumenten und hochwertigen Produkten eingesetzt werden. Dank hochpräziser Mikro- und Nanostrukturen, die Licht gezielt beugen, sind sie schwierig zu fälschen und ermöglichen so eine Identifikation mit blossem Auge.
Warum ist Verpackungsschutz heute wichtiger denn je?
Durch den globalen Handel und den E-Commerce ist das Problem der Produktfälschungen enorm gewachsen. Markenhersteller und Händler verlieren Umsätze, Verbraucher riskieren gesundheitliche Schäden und selbst hochsensible Produkte wie Medikamente oder Lebensmittel sind betroffen. Sicherheitstechnologien auf Verpackungen sind daher essenziell, um Sicherheit, Vertrauen und Authentizität zu gewährleisten.
Wie hat sich der Einsatz von Hologrammen in den letzten Jahrzehnten verändert?
Früher dienten Hologramme hauptsächlich als einfache dekorative Elemente, doch heute sind sie hochentwickelte Sicherheitsmerkmale mit komplexen Mikro- und Nanostrukturen sowie versteckten Details. Dank innovativer Herstellungsverfahren, die eine kosteneffiziente Massenproduktion ermöglichen, werden sie zunehmend in verschiedensten Produkten integriert. Neue Fertigungstechnologien und Materialien ermöglichen die (Teil-)Integration von holografischen Strukturen von Papier und Folien bis hin zu Metall oder Textilien.
Welche technischen Herausforderungen gibt es bei der Integration von Hologrammen in Verpackungen?
Die Integration oder Applikation von Hologrammen in oder auf Verpackungen kann eine Reihe technischer Herausforderungen mit sich bringen, die je nach Applikationsmethode variieren. Die Wahl zwischen selbstklebenden Etiketten und Heissprägefolien ist entscheidend, da beide Verfahren unterschiedliche Anforderungen an Material und Verarbeitung stellen. Die Herausforderung liegt darin, dass der zusätzliche Arbeitsschritt manuell oder wenn möglich maschinell erfolgen kann und unterschiedliche Anforderungen an das gesamte Setting stellt.
Prozesse und Technologien
Können Sie den Prozess der Holografie in einfachen Worten erklären?
Zunächst wird ein Hologramm-Design basierend auf Lichtinterferenzen entwickelt und mittels Laser in eine gläserne Master-Matrize belichtet. Mittels Elektroforming werden davon Duplikate für die industrielle Anwendung abgeformt und vervielfältigt. Schliesslich kann eine Nickel-Matrize (Shim) als rotatives Prägewerkzeug für metallisierte Folie eingesetzt werden, welche die Grundlage für Labels oder Heissprägefolie bilden kann.
Welche Rolle spielen bionische Ansätze bei der Weiterentwicklung von Hologrammen?
Bionische Prinzipien inspirieren unter anderem die Entwicklung funktionaler Oberflächen und Displays. Beispielsweise dienen lichtlenkende Strukturen wie bei Schmetterlingsflügeln oder wasserabweisende Eigenschaften wie bei Lotusblättern als Vorbild, um langlebige und effiziente Schutzmerkmale oder funktionale Oberflächen zu entwickeln.
Hologramme auf Verpackungen werden daneben auch für verkaufsfördernde Zwecke genutzt, bei denen diffraktive Muster rein als Eyecatcher dienen, um die Aufmerksamkeit der Kundschaft zu gewinnen: Es funkelt und spiegelt.
Welche Technologien kommen bei Direktprägung oder Hologrammen auf Garn zum Einsatz?
Hochpräzise Nano-Prägetechniken sowie spezielle Polymermaterialien, optisch aktive Lacke und Untergründe ermöglichen die Integration holografischer Strukturen auf Textilien oder Kunststoffbauteilen. Die vergleichsweise kleine Fläche, auf der die holografischen Strukturen übertragen werden, erzeugt dabei andere optische Effekte als eine plane Oberfläche. Die grundsätzliche Idee, holografische Strukturen auf das Produkt selbst aufzubringen, kann als Quellensicherung in gewissen Fällen erstrebenswert sein.
Innovative Projekte und Anwendungen
Sie haben an Projekten wie Hologrammen auf Gold, Silber oder Schokolade für diverse Schweizer Schokoladenhersteller gearbeitet. Was macht diese Anwendungen besonders?
Diese Projekte zeigen die Vielseitigkeit der Holografie. Beim Goldprojekt haben wir geprüft, wie oft ein Prägewerkzeug wiederverwendet werden kann und wie gut sichtbar sich die Strukturen in Edelmetalle (Gold und Silber) einprägen lassen, ohne den Materialwert zu beeinträchtigen. Beim Schokoladen-Projekt führten wir mit einigen Unternehmen holografische Effekte auf der Oberfläche von Schokolade ein – eine kreative Innovation im Lebensmittelbereich.
Welche Herausforderungen gab es bei dem Projekt «Pitchfork», bei dem Hologramme in Spritzgussteile integriert wurden?
Die Integration von Hologrammen in Spritzgussteile stellt eine besondere technische Herausforderung dar. Der zentrale Aspekt dabei war die Einbringung der holografischen Strukturen direkt in die Formwerkzeuge, sodass die feinen Details der Nano-Strukturen beim Spritzgussprozess erhalten bleiben. Hierbei musste von der Firma Trioform AG sichergestellt werden, dass die empfindliche Nickel-Matrize, die als Prägewerkzeug dient, unbeschadet in die Kavität der Form integriert wird. Bereits kleinste Beschädigungen oder Verunreinigungen hätten sichtbare Auswirkungen auf die Oberfläche des fertigen Bauteils.
Zusätzlich war es entscheidend, das richtige Material für das Spritzgussteil zu wählen. Transparente oder transluzente Kunststoffe erwiesen sich als besonders geeignet, da sie das einfallende Licht optimal reflektieren und so die holografischen Effekte besonders gut zur Geltung bringen. Die Herausforderung bestand darin, die ideale Kombination aus Material, Druck und Temperatur zu finden, um die filigranen Strukturen dauerhaft im Kunststoff abzubilden, ohne dass sie an optischer Schärfe verlieren. Zudem mussten die mechanischen Eigenschaften der Spritzgussteile erhalten bleiben, was eine präzise Abstimmung der Prozessparameter erforderte.
Ein weiteres Hindernis lag in der industriellen Skalierung des Verfahrens. Während die Prägung einzelner Bauteile im Labor gut funktionierte, mussten für die Serienproduktion Methoden entwickelt werden, die eine gleichbleibend hohe Qualität gewährleisten. Die Abnutzung der Matrizen durch wiederholte Produktionszyklen war ebenfalls ein kritischer Punkt, da sich bereits minimaler Verschleiss auf das holografische Muster auswirken kann. Durch umfangreiche Tests und Optimierungen konnte eine Lösung gefunden werden, die sowohl langlebige als auch optisch ansprechende Ergebnisse liefert.
Praxisbeispiele: Hologramme im Alltag und in der Industrie
Welche aktuellen Beispiele für Hologrammanwendungen gibt es, sowohl bei Luxusprodukten als auch bei Alltagsgegenständen?
Hologramme finden heute in vielen Bereichen Anwendung, sowohl im Luxussegment als auch im Alltag. Exklusive Parfums, Spirituosen und Kosmetikprodukte nutzen holografische Elemente, um Fälschungen zu erschweren und die Optik der Verpackung aufzuwerten. Auch bei hochwertigen Uhren, Schmuck und Banknoten sind sie als Sicherheitsmerkmal weit verbreitet – oft auf der Verpackung oder direkt auf Garantiedokumenten.
In der Modebranche werden holografische Effekte in Stoffe und Accessoires integriert, während sie im Alltag auf Kreditkarten, Ausweisen oder Tickets als Fälschungsschutz dienen. Produktverpackungen, insbesondere bei Elektronik oder Lebensmitteln, setzen zunehmend auf Hologramme zur Markensicherung. Sammelkarten, Spielzeug und limitierte Editionen profitieren ebenfalls von den faszinierenden optischen Effekten. So verbinden Hologramme Sicherheit, Design und Funktion in vielen Lebensbereichen.
Wie unterscheiden sich die Anforderungen an Hologramme je nach Branche, beispielsweise Pharma, Lebensmittel oder Kosmetik?
Die Anforderungen variieren stark je nach Einsatzgebiet. In der Pharmaindustrie stehen Sicherheit und Fälschungsschutz im Mittelpunkt. Hologramme müssen hier manipulationssicher, haltbar und gut lesbar sein. Bei Lebensmitteln spielen zusätzlich Design, lebensmittelverträgliche Materialien und Nachhaltigkeit eine grosse Rolle. Die Verpackungen müssen Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen und mechanischen Belastungen standhalten. In der Kosmetikbranche verbindet sich oft Sicherheit mit Ästhetik.
Fälschen hat eine lange kulturelle Geschichte. Wie spiegelt sich das in Ihrer Arbeit wider?
In manchen Kulturen wird Fälschen nicht als Delikt, sondern als geschickte Handwerkskunst betrachtet. Besonders in Asien und Afrika sind Nachahmungen von Markenprodukten weit verbreitet. Durch meine Reisen in diese Regionen konnte ich beobachten, wie gefälschte Produkte teilweise als legitime Marktalternative gesehen wurden.
Das Thema Fälschungssicherheit begleitet uns aber nicht nur im physischen Bereich, sondern auch in der digitalen Welt. Ein interessanter Vergleich ist Bitcoin: Eine der grössten Bedrohungen für digitale Werte wie den Bitcoin ist das sogenannte «Double Spending», also das mehrfache Ausgeben desselben digitalen Werts. Das starke Bitcoin-Netzwerk verhindert dies durch die Blockchain und die Validierung mittels der energieintensiven Proof-of-Work-Technologie. Ähnlich wie bei physischen Sicherheitsmerkmalen sorgen eine Vielzahl dezentraler Verifizierungsmechanismen dafür, dass Fälschungen praktisch unmöglich sind.
Diese Parallele zeigt, dass Fälschungsschutz immer eine Kombination aus Innovation, technologischem Fortschritt, strategischer Absicherung und gemeinschaftlichem Willen ist – unabhängig davon, ob es um physische Produkte oder digitale Werte geht.
Glauben Sie, dass Verbraucher genug über die Bedeutung von Verpackungsschutz informiert sind?
Verbraucher nehmen Verpackungsschutz oft als selbstverständlich hin und bestimmt wissen verhältnismässig wenige Menschen über die dahinterliegenden Technologien Bescheid. Erst wenn sie z. B. mit gefälschten Produkten konfrontiert werden, wird ihnen die Bedeutung bewusst. Um das Bewusstsein zu stärken, braucht es Aufklärung und einfache Prüfmethoden. Ein gutes Beispiel ist die Schweizerische Nationalbank, die die Sicherheitsmerkmale von Banknoten öffentlich erklärt und damit deren Überprüfung erleichtert.
Wie gross ist das Problem der Produktpiraterie heute, und wie können Hologramme dagegen helfen?
Produktfälschungen verursachen weltweit Milliardenschäden – sowohl wirtschaftlich als auch gesundheitlich. Hologramme bilden eine technische Hürde und ermöglichen – wenn richtig eingesetzt – eine einfache Unterscheidung zwischen Originalprodukten und Fälschungen, da ihre komplexen optischen Merkmale ohne spezielle Geräte überprüft werden können. Ausserdem sind sie schwierig zu reproduzieren und dienen in gewissen Fällen als Teil einer manipulationssicheren Authentifizierungsmethode.
Können Sie uns ein Beispiel nennen, wo Hologramme erfolgreich zur Markensicherung eingesetzt wurden?
Ein klassisches Beispiel sind Banknoten und Reisepässe, bei denen Hologramme schon lange als Sicherheitsmerkmal etabliert sind. Weitere Beispiele finden sich auf bestimmten Wertpapieren, Urkunden und Gutscheinen sowie auf dem Malaria-Medikament «Artesunat», das in der Vergangenheit häufig gefälscht wurde.
Herausforderungen und Ausblick
Was sind die grössten Herausforderungen bei der Entwicklung von Verpackungsschutztechnologien?
Moderne Verpackungsschutzlösungen müssen mehrere Anforderungen erfüllen: Sie sollten fälschungssicher, leicht überprüfbar und gleichzeitig wirtschaftlich herzustellen sein. Zudem steigt der Druck, Verpackungen nachhaltiger zu gestalten. Die grösste Herausforderung liegt darin, diese Faktoren in Einklang zu bringen, ohne die Schutzwirkung zu beeinträchtigen. Die Zukunft liegt meines Erachtens in der Balance zwischen Sicherheit (Schutz), Digitalisierung (Tracking) und Nachhaltigkeit (Umweltverträglichkeit), ohne dass die Attraktivität der Verpackung leidet.
Wie wird sich der Einsatz von Hologrammen weiterentwickeln?
Die Zukunft liegt meiner Meinung nach in ganzheitlichen Konzepten. Und konkret in interaktiven, digitalen Sicherheitslösungen. Hologramme könnten vermehrt mit Blockchain-Technologie oder Augmented Reality kombiniert werden, um die Echtheit von Produkten noch einfacher überprüfbar zu machen. Denkbar sind zum Beispiel Hologramme, die sich mit einer speziellen App zusätzlich erkennbar machen lassen und einen weiteren Nutzen spenden – eine Art digitale «Zwei-Faktor-Authentifizierung» für gewisse Produkte.
Wie wichtig ist interdisziplinäre Zusammenarbeit für Sie?
Sehr wichtig. Diversität in Teams fördert kreatives Denken, weniger blinde Flecken und bessere Problemlösungen – das ist auch im Verwaltungsrat so. Besonders bei technologischen Entwicklungen profitieren wir von interdisziplinären Ansätzen – sei es aus der Materialwissenschaft, der Physik, der Natur oder der Designbranche – denn es ist die Vielfalt, die uns zu einem ganzheitlichen Bild verhelfen kann.
Gibt es ein Projekt, das Ihnen besonders am Herzen liegt?
Der Gewinn eines Sicherheitsprojekts für den Schweizer Automobilrennstall Sauber Petronas war für mich persönlich ein besonderer Meilenstein. Es war eine wegweisende Zusammenarbeit, bei der wir in den «heiligen Hallen» in Hinwil zu Besuch waren und den Prozess von der Konzeption innovativer Sicherheitsmerkmale bis hin zur fertigen Etikette auf deren Produkten, Hangtags und Tickets eng begleiten durften.
Welchen Ratschlag würden Sie Unternehmen in der Verpackungsindustrie geben, die Verpackungsschutz verbessern möchten?
Ein ganzheitliches Konzept ist essenziell. Unternehmen sollten Sicherheitsmerkmale frühzeitig in die Verpackung integrieren und leicht überprüfbar machen, damit auch «L'Homme de la rue» also jemand auf der Strasse mit blossem Auge ein Produkt verifizieren kann. Smarte Technologien wie QR-Codes und Blockchain helfen bei der Echtheitsprüfung, wenn es einen zweiten Faktor braucht. Zudem ist Aufklärung wichtig, damit Verbraucher und Händler Fälschungen besser erkennen. Oder um Andreas Zopfi vom SVI zu zitieren: «Die Schutzfunktion ist die wichtigste Funktion der Verpackung. Mit Product-Security schützt man das Produkt vor Fälschungen und Manipulation und somit auch Mensch und Hersteller. Wie ausser mit Verpackung will man das sonst bewerkstelligen?»
Dominic Lüthi
Seine Karriere begann im technischen Bereich, entwickelte sich aber rasch in Richtung Sicherheitstechnologien und strategischer Innovation. Besonders spezialisiert hatte er sich auf optisch variable Elemente (OVD) und Holografie –
Technologien, die Marken und Produkte nicht nur vor Fälschungen schützen, sondern auch gestalterische und funktionale Vorteile bieten. Von 2004 bis 2009 arbeitete er in diesem Bereich bei der 3D AG, einem international tätigen Unternehmen, das sich auf innovative Sicherheits- und Designlösungen spezialisiert hat.
Durch seine langjährige Tätigkeit als Dozent beim Schweizerischen Verpackungsinstitut (SVI) sowie seine Mitwirkung an verschiedenen Projekten zur Sicherheitskennzeichnung und zu funktionalen Oberflächen verfügt Lüthi über fundierte Einblicke in die Herausforderungen und Möglichkeiten moderner Verpackungstechnologien. Dabei reicht sein Know-how von klassischen Anwendungen wie Sicherheitshologrammen bis hin zu innovativen Speziallösungen, etwa holografischen Strukturen in Kunststoff-Spritzgussteilen oder direkt geprägten Sicherheitsmerkmalen auf diversen Materialien wie Gold und Schokolade.
Er ist Familienmensch und Unternehmer, Gründer von VRMandat.com und CEO der Composit Management & Training GmbH.